Meine Letzten Tage als Pferdemami

Ich weiß nicht genau wieso ich das teilen möchte, aber ich
habe immer wieder den Impuls und folge diesem nun.
Ich habe mein Pferd Nevil, nach 14 gemeinsamen Jahren am 19.5. gehen lassen.
Knapp eine Woche vorher (Am 13.05.) habe ich bei der Tierärztin angerufen um diesen Termin fest zu legen, ab diesem Moment erlebte ich einer der schlimmsten Wochen meines Lebens. Ja, ich weiß, das hört sich dramatisch an, aber genau so war es.
Dienstagmorgen, ich sitze im Auto auf dem Weg zu einem Huftermin und mache das, was ich schon Tage vor mir herschiebe. Ich rufe die Tierärztin an, bitte sie um ein paar ruhige Minuten um etwas mit ihr zu besprechen. Mein Herz pocht so sehr, es tut fast weh, springt mir fast aus der Brust. Ich schildere ihr sehr sachlich, was ich beobachte bei Nevil, dass es ihm nicht gut geht, dass ich das so nicht mehr ansehen kann. Sie ist sehr sachlich, ruhig, ich kann es dennoch nicht zurückhalten. Die Tränen fließen, meine Stimme bricht immer wieder ein. Wir machen den Termin fest, legen auf, ich weine, mir ist schlecht. Weiter geht's zum Huftermin, ich bin total verheult, ich hasse es. Egal, weiter geht's. Die Hufkundin sagt gottseidank nichts, ich sitze wieder im Auto, fange wieder an zu weinen, kann es nicht halten. Mir ist übel, meine Tränen laufen, kann es nicht aufhalten.
Weiter geht's, der Tag zieht sich, meine Augen sind aufgequollen, ich schreibe meinem Mann ganz kurz und knapp, dass der Termin steht und ich nicht reden will. Abends weine ich in seinen Armen, er ist beim Termin dabei, macht einen Tag Urlaub, eine riesen Last fällt von mir, er ist an meiner Seite.
Abends ein Gedankenkarussell, ist es das Richtige? Es ist endgültig, tue ich das Richtige, oh gott, ich muss im Stall bescheid geben, wie mache ich das? Mir ist übel, ich weine, mir tut der Kopf weh. Die Tage vergehen, JEDER Gedanke den ich habe ist bei Nevil, jedes Mal zähle ich auf was ich beobachte, wäge ab, habe seinen Weg im Kopf, Ideen was ich noch machen könnte, es endet immer wieder damit, dass ich richtig liege, dass es nun zu Ende ist. Immer wieder gehe ich das Gespräch mit der Tierärztin durch, was sage ich ihr? Was muss ich ihr sagen, damit sie meinen Nevil in Frieden gehen lässt. Mir ist schlecht, ich habe Durchfall, wieder Tränen, die Gedanken an den Termin, was sage ich, wie läuft das ab. Ich kann nicht schlafen, wieder Durchfall.
Und in einem Moment sage ich laut zu mir "Stopp Sarah!" So geht das nicht. Du überlegst die ganze Zeit was du sagen sollst, was die richtigen Worte sind und dabei tust du so, als ob du die Tierärztin manipulieren und überreden wolltest und das stimmt nicht! Das ist nicht deine Intension. Es geht nur darum die Wahrheit zu sagen, zu sagen was du fühlst, empfindest und vor allem was du beobachtest.
Meine Entscheidung ihn gehen zu lassen war längst getroffen, das war sicher. Es war die schwerste Entscheidung in meinem Ganzen Leben und ich habe mir den Kopf ein ganzes Jahr lang zerbrochen, seit Februar denke ich täglich drüber nach, ja es ist so.
Wieder weine ich, dass ich überhaupt noch weinen kann, ich müsste längst leer sein, wieder Durchfall, Bauchweh und doch ist es nun anders, denn ich vertraue darauf, dass ich aus LIEBE Handel und die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich liebe dieses Pferd so sehr, er ist mir so ein wundervoller Partner gewesen und ich habe alles mir Mögliche für ihn getan. Ab diesem Moment war da immer noch Trauer und angst was passieren wird, aber da war diese tiefe Liebe zu diesem Wesen und die Tiefe Dankbarkeit für unseren Weg.
Bis zu dem Tag blieben die Tränen, die Übelkeit, der Durchfall, die Kopfschmerzen an meiner Seite und als wir Nevil in Frieden gehen ließen, brach alles nochmal über mich. Im Auto auf der Heimfahrt weinte ich so sehr, ich schrie auf, ließ alles los. Es tat unendlich weh. Das war der schlimmste Tag überhaupt, es riss mir das Herz raus, ich war so tief Traurig und gleichzeitig war da diese Ruhe, dieser Frieden. Ab dem Moment wo wir ihn gehen ließe, hatte ich keine Sekunde gezweifelt, dass es der richtige Weg war.
Ich war so unglaublich stolz auf mich (Ja, ich weiß, das klingt so dämlich, aber das Wort trifft es einfach), ich war stolz, dass ich diesen schweren Schritt FÜR meinen Nevilmann gegangen bin. Dass ich ihn in absoluter Würde gehen lassen konnte. Und dass ich nicht auf die Stimmen im Außen gehört habe, die nicht gesehen haben, dass er gelitten hat und meinten ich wäre im Unrecht.
Nevil, du fehlest mir sehr! Jeden Tag! Und ich weiß, dass du da bist, ich weiß, dass du nun frei bist.
Endlich kannst du über die Immergrüne Wiese Galoppieren und ich bin unendlich dankbar für dich.
In Liebe zu dir!
Nevil, ich werde dich immer lieben!
An dieser Stelle, Danke an diese wundervoll Tierärztin, die uns so toll begleitet hat, die letzten Jahre und auf unserem letzten gemeinsamen Weg. Danke von Herzen.